„Smart & Happy Pills“ – Wie geht das mit dem Neuro-Enhancement? Vorbemerkungen
Die Versuchung sich selbst zu dopen ist groß. Zur Zeit der Entstehung dieses Arti-kels wurde in den Medien über systematisches und durch die Politik gefördertes Doping im Sport in Deutschland spekuliert. Vorher machte nicht nur Lance Armstrong Schlagzeilen, als er seine Doping-Beichte über längst bekannte Tatsachen ablieferte. Gerade, wenn vermeintlich viel auf dem Spiel steht, ist man möglicherweise bereit, seine Chancen durch die Einnahme chemischer Hilfsmittel zu vergrößern – egal ob im Sport, im Studium oder im Beruf.
Das Neuro-Enhancement hat dabei eine lange Tradition: Schon vor 5000 Jahren wurde in China ein ephedrinhaltiger Tee verwendet, in der Antike und auch später wurde die Laune und die Risikobereitschaft von Soldaten vor dem Kampf durch die Gabe von Alkohol gesteigert, in Südamerika wird traditionell Koka gekaut, die US-Armee setzte im 2. Weltkrieg auf Amphetamine, um z.B. Piloten länger wach zu halten, die Wehrmacht verteilte zusätzlich Methamphetamin (beide Substanzen erhöhen auch die Aggression, was in kriegerischen Auseinandersetzungen von Sei-ten der Befehlshaber sicher gewünscht ist). Koffein wird seit Jahrhunderten in Kaffee oder mittlerweile auch Energy-Drinks ebenfalls teilweise exzessiv genutzt, um sich wach zu halten. Kokain wurde von Sigmund Freud als vielversprechendes Mittel ge-gen Depression angesehen und wurde möglicherweise anfänglich Coca-Cola in geringen Dosen beigefügt (was der Hersteller allerdings bestreitet).
Heute fallen die hohen Produktionszahlen von z.B. Ritalin (40x so viel wie vor 20 Jahren) oder Modafinil auf, die unmöglich auf einen sachgerechten Gebrauch zu-rückzuführen sein können. Klientinnen und Klienten in der ptb berichten hin und wie-der davon, dass sie andere Studierende kennen, die mit allen möglichen Substanzen versuchen, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Nur selten stellen Klienten die Frage, welche Substanzen sie selbst nutzen könnten, vermutlich auch, weil sie sich nicht trauen.
Eine Online-Befragung des Hochschul-Informations-SystemHIS aus den Jahren 2010 und 2011 ergab, dass 88% aller Studierenden, die antworteten, kein(!) Neuro-Enhancement betreiben und 70% auch niemanden kennen, der Neuro-Enhancement einsetzt. Für 71% kommt Neuro-Enhancement nicht infrage, 12% haben allerdings mindestens 1x chemische Substanzen eingenommen, um Studienanforderungen besser bewältigen zu können. Diese Gruppe hatte ein generell stärker risikobe-haftetes Gesundheitsverhalten. Von denjenigen, die Neuro-Enhancement angewandt hatten, gaben 58% an, dass sie auch die beabsichtigte Wirkung erzielt hatten. Dabei war es ziemlich egal, welche Substanz sie genutzt hatten (was stutzig macht, da die verschiedenen Substanzen ja verschieden wirksam sind! Placebo Effekte und eine veränderte Selbstwahrnehmung sind dabei also wahrscheinlich).
Deshalb entstand die Idee, hier einen Artikel einzustellen, der die verschiedenen möglicherweise in Frage kommenden Substanzen und deren Wirkungen und Nebenwirkungen auf Gesunde und Kranke beschreibt.
Begriffsklärungen
Neuro-Enhancement soll sich hier auf den Versuch (ob erfolgreich oder nicht) bezie-hen, die Leistungsfähigkeit einer gesunden Person zu steigern. Es schließt eine the-rapeutische oder präventive Absicht aus. Dieser Artikel bezieht sich dabei lediglich auf die pharmakologischen (nicht die neurotechnischen) Möglichkeiten des Neuro-Enhancements.
Neuro-Enhancement kann dabei die Absicht haben, die Stimmung zu verbessern (durch sog. „happy pills“), um z.B. motivierter zu sein oder die Absicht verfolgen, die kognitive Leistungsfähigkeit wie z.B. Wachheit, Konzentrationsfähigkeit oder Merkfä-higkeit direkt zu verbessern (durch sog. „smart pills“).
Der Begriff „Neuro-Enhancement“ lässt offen, ob es sich um eine legale oder eine illegale Maßnahme handelt. Der oft synonym verwendete Begriff „Gehirn-Doping“ legt eher nahe, dass die verwendete Maßnahme illegal ist.
Probleme des Neuro-Enhancements
Zu diskutieren sind im Zusammenhang mit dem Neuro-Enhancement:
• Ethische Probleme (ist es moralisch gut oder schlecht, Neuro-Enhancement
• Rechtliche Probleme (ist es legal oder steht es unter Strafe, Neuro-Enhance-
• Medizinisch-pharmakologisch-psychologische Probleme (welche Wirkungen
und Nebenwirkungen hat Neuro-Enhancement? Funktioniert es?)
In dem vorliegenden Artikel sollen vor allem die medizinisch-pharmakologisch-psychologischen Probleme besprochen und nur kurz auf die ethischen und rechtli-chen Probleme eingegangen werden. Dabei muss allerdings klar sein, dass der Ver-fasser weder Mediziner noch Pharmakologe sondern Psychologe ist, der sich dem-entsprechend vor allem auf die psychologischen Wirkungen konzentriert und z.B. Probleme der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik, wenn überhaupt, nur anrei-ßen kann. Auch die Aussagen über mögliche Kontraindikationen, Wechsel- und Nebenwirkungen mit anderen Substanzen sind nicht notwendigerweise vollständig! Bei der Einnahme von Medikamenten bitte stets die Patienteninformationen aufmerk-sam lesen!
Substanzen und deren Wirkungen und Nebenwirkungen
Substanzen, durch die eine Verbesserung der Stimmung erreicht werden soll:
o Selektive Serotonin Reuptake-Inhibitoren (SSRIs)
Substanzen, durch die eine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit erreicht werden soll:
alpha-Methylphenethylamin Methamphetamin Methylphenidat
Substanzen, die zur Verbesserung der Stimmung eingesetzt werden Antidepressiva
Antidepressiva sind Substanzen, die dazu dienen, die Stimmung bei Menschen mit einer Depression zu verbessern. Diese Substanzen wirken nicht euphorisierend son-dern sorgen eher dafür, dass deutliche Stimmungstiefs nicht auftreten. Ein Sucht-potential ist deshalb in aller Regel nicht vorhanden. Neben den hier beschriebenen Selektiven Serotonin Reuptake-Inhibitoren existieren vor allem noch sogenannte Trizyklische Antidepressiva, die aber wegen ihrer sogenannten anticholinergen Nebenwirkungen und der oft durch sie ausgelösten Müdigkeit wohl kaum im Rahmen von Neuro-Enhancement überhaupt diskutiert werden müssen. Johanniskrautpräpa-rate werden ebenfalls als Antidepressiva eingesetzt.
Selektive Serotonin Reuptake-Inhibitoren (SSRIs)
Selektive Serotonin Reuptake-Inhibitoren (SSRIs, Selektive Serotonin Wiederauf-nahme-Hemmer) sind neuere Medikamente, die (u.a.) in der Behandlung von Depressionen zum Einsatz kommen. Dabei sollen sie im Gehirn verhindern, dass Serotonin aus dem synaptischen Spalt wieder in das präsynaptische Neuron aufge-nommen wird. Serotoninmangel scheint nämlich eine Begleiterscheinung, vielleicht sogar eine Ursache von Depressionen zu sein.
Substanzen die als SSRIs eingesetzt werden sind:
Panikstörung, Soziale Phobie, Generalisierte Angststörung, Zwangsstörungen,
Panikstörung, Zwangsstörungen, Soziale Phobie, Generalisierte Angststörung
Depressionen, Panikstörung, Generalisierte Angststörung, Soziale Phobie
Natürlich wirkt jede dieser Substanzen etwas anders als die anderen, jedoch sind sie durchaus vergleichbar, insbesondere was ihre begrenzte Brauchbarkeit als Neuroen-hancer angeht. Zunächst einmal kann aber gesagt werden, dass SSRIs in der Behandlung von Depressionen bzw. deren Symptomen erfolgreich eingesetzt wer-den und gegenüber anderen Antidepressiva bezüglich der Nebenwirkungen oft im Vorteil sind.
Allerdings sorgen die SSRIs anfänglich für eine weitere Veränderung im Gehirn, die die Menge an Serotonin im synaptischen Spalt zunächst sogar verringert. Deshalb tritt die antidepressive Wirkung erst zeitverzögert auf. Problematisch in der Behand-lung von Depressionen sind SSRIs, weil sie bereits vorhandene Suizidgedanken ins-besondere zu Beginn der Behandlung verstärken können!
Bei SSRIs können bei plötzlichem Absetzen eventuell Absetzsymptome auftreten (z.B. Kreislaufbeschwerden, Schwindel, Kribbeln, Tinnitus, Motorische Störungen (Tics), Schlafstörungen, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Verdauungsstörungen, Kopf-weh, verstopfte Nase, Knochen- und Gelenksschmerzen, Stimmungsschwankungen, schwere Depressionen, Manie, Aggressivität, sexuelle Dysfunktionen)!
Ein Suchtpotential von SSRIs ist nicht bekannt.
Fluoxetin galt nach seiner Einführung in Großbritannien als antriebssteigernde „Yuppie-Droge“. Eine positive Wirkung auf Gesunde scheinen SSRIs allerdings nicht zu haben!
Z.T. Gefährliche Wechselwirkungen u.a. mit:
Substanzen, mit denen Wechselwirkungen bestehen
MAO-Hemmer (können tödlich sein, bis zu 14 Tagen Abstand einhalten!), Trizyklische Antidepressiva, Tizanidin (Handelsname: Sirdalud®), Tryptophan, Alkohol, Koffein, Ecstasy
MAO-Hemmer (können tödlich sein, bis zu 14 Tagen Abstand einhalten!), Benzodiazepine, Trizyklische Antidepressiva, Lithium, Johanniskrautpräparate, Tramadol, Tryptophan, manche Antibiotika, Blutgerinnungshemmer (z.B.: Acetyl-salicylsäure), Alkohol, Cannabis, Ecstasy
MAO-Hemmer (können tödlich sein, bis zu 14 Tagen Abstand einhalten!), Benzodiazepine, Trizyklische Antidepressiva, Lithium, Johanniskrautpräparate, Tramadol, einige Antipsychotika, Metoprolol, manche Antibiotika, Blutgerinnungs-hemmer (z.B.: Acetylsalicylsäure), Ecstasy
MAO-Hemmer (können tödlich sein, bis zu 14 Tagen Abstand einhalten!), Lithium, Johanniskrautpräparate, Tramadol, Tryptophan, Alkohol, Ecstasy
MAO-Hemmer (können tödlich sein, bis zu 14 Tagen Abstand einhalten!), Lithium, Tryptophan, einige Antipsychotika, Sumatriptan (Handelsname: Imigran®), Ecstasy
Escitalopram MAO-Hemmer (können tödlich sein, bis zu 14 Tagen Abstand einhalten!),
Trizyklische Antidepressiva, Lithium, Johanniskrautpräparate, Tramadol, Metoprolol, Tryptophan, Blutgerinnungshemmer (z.B.: Acetylsalicylsäure), Sumatriptan (Handelsname: Imigran®), H1-Antihistaminika, Cimitidin, Ecstasy
Kontraindikationen:
Fluctin®, Fluneurin®, Manische Stimmungslage, schwere Nierenerkrankungen Fluoxetin, Fluox®, Fluxet®, in den USA: Prozac®
Cipramil®,Citadura®, Epilepsie Citalopram, Serital®
Schwere Leberfunktionsstörungen, Epilepsie
schwere Nierenerkrankungen, schwere Leberfunktions-störungen
Nebenwirkungen:
Nebenwirkungen (aufgeführt sind sehr häufige = mehr als 1 von 10, und häufige = zwischen 1 und 10 von 100 Behandelten)
Schwäche, Kopfschmerz, Unwohlsein, Herzklopfen, Herzrasen, Bauchschmerz, Essenverweigerung, Verstopfung, Durchfall, Mundtrockenheit, Verdauungs-störungen, Aufregung, Ängstlichkeit, Schwindel, Schlafstörungen, Nervosität, Schläfrigkeit, Zittern, Schwitzen, Blutdruckabfall bei Körperlageveränderung, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Gangstörungen, Verwirrtheitszustände, unwillkürliche Bewegungen (extrapyramidale Symptome), Wahnvorstellungen,
verzögerte Ejakulation, Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut
Übelkeit, Verdauungsstörungen, Durchfall, Verstopfung, Gewichtszunahme, Bauchschmerzen, Herzklopfen, Kraftlosigkeit, Schläfrigkeit, Bewegungsarmut, Angstgefühle, Nervosität, Zittern, Kopfschmerz, Mundtrockenheit, Schlaflosigkeit, Benommenheit, Erbrechen, Magersucht, Schwindel, Schwitzen, Erregungs-zustände, Denkstörungen, Unwohlsein
Übelkeit, Sexualfunktionsstörungen, Appetitverminderung, Schläfrigkeit, Schlaflo-sigkeit, Erregung, Schwindelgefühl, Zittern, Gähnen, Verstopfung, Durchfall, Mundtrockenheit, Schwitzen, Schwächezustände, Gewichtszunahme
Benommenheit, Schlaflosigkeit, Kraftlosigkeit, Kopfschmerzen, Zittern, Übelkeit, Mundtrockenheit, Verstopfung, vermehrtes Schwitzen, Schlafstörungen, allge-meines Erschöpftsein, Konzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen, Angststö-rungen, Aufgeregtheit, Nervosität, Müdigkeit, vermehrtes Gähnen, verändertes Traumerleben, Verwirrtheit, Appetitveränderung, Gewichtsveränderung, Teil-nahmslosigkeit, Selbstmordneigung, Empfindungsstörungen, Luststörungen (Libido-Abnahme), Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen, Erbrechen, Blähun-gen, erhöhter Speichelfluss, Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Samenerguss-störungen, Impotenz, schmerzhafte Monatsblutungen, Überempfindlichkeits-reaktionen der Haut wie Hautausschlag und Juckreiz, Sehstörungen, Ge-schmacksstörungen, Muskelschmerzen, Herzklopfen, Herzrasen, Blutdruckabfall
Übelkeit, Durchfall, Mundtrockenheit, Zittern, Schwindel, Schlaflosigkeit, Schläfrig-keit, Sexualstörungen (bei Männern hauptsächlich Samenergussverzögerung), Magendrücken, vermehrtes Schwitzen, Schwäche, Müdigkeit, Hitzewallungen, Appetitlosigkeit, Hautausschlag, Brustschmerz, spürbares Herzklopfen, Verstop-fung, Bauchschmerzen, Erbrechen, Ohrensausen, Kopfschmerzen, Bewegungs-störungen (einschließlich Zappeligkeit, erhöhter Muskelspannung, Zähneknirschen oder Gangstörungen), nervliche Missempfindungen, Berührungsunempfindlichkeit, Gähnen, Aufregung, Angst, Menstruationsstörungen, Sehstörungen
Bezüglich der Nebenwirkungen muss allerdings gesagt werden, dass diese haupt-sächlich in den ersten zwei Wochen der Einnahme auftreten und sich dann oft stark abschwächen.
Bewertung: Wirkungsvolle Antidepressiva, wobei allerdings unklar ist, inwieweit eine objektive Verbesserung der Stimmung und der Leistungsfähigkeit bei der Anwendung als Neu- roenhancer bei Gesunden überhaupt auftritt. In der Regel ist eine längere Einnahme nötig, damit überhaupt Wirkungen auftreten. Nebenwirkungen (z.B. Müdigkeit, Denk- störungen, Aufregung) können sich sogar kontraproduktiv auf das Lernen auswirken. Absetzsymptome können bei plötzlichem Absetzen auftreten. Insgesamt erscheint das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Anwendung als Neuroenhancer ungünstig! Johanniskrautpräparate
Johanniskrautpräparate werden aus dem „Echten Johanniskraut“ (Hypericum per-foratum, Herrgottsblut) gewonnen. Das Echte Johanniskraut wurde bereits in der Antike als Heilpflanze genutzt und wird auch heute noch zur Behandlung leichter bis mittelschwerer Depressionen und Unruhezuständen eingesetzt. Der Wirk-mechanismus ist unklar, da das Johanniskraut verschiedene pharmakologisch aktive Substanzen enthält. Johanniskrautpräparate sind in verschiedenen Darreichungs-formen (z.B. Tee, Tabletten) erhältlich. Es existieren so zahlreiche Produkte, dass hier keine Produktnamen aufgeführt werden sollen. Teilweise sind sie frei verkäuflich (und meist billiger als apothekenpflichtige Präparate), enthalten dann die Wirkstoffe
in geringerer Konzentration, manche dafür aber auch zusätzliche Inhaltsstoffe (Vorsicht!).
Die Wirksamkeit von Johanniskrautpräparaten wird unterschiedlich beurteilt. Insge-samt scheinen sie einer Placebogabe aber überlegen zu sein. Die optimale Dosie-rung ist unklar, im Gespräch sind 300 – 900mg/Tag. Ob es genau so wirkungsvoll ist wie andere Antidepressiva ist unklar. Allerdings scheint es bei schweren Depressio-nen zu versagen. Wie andere Antidepressiva auch, tritt die Wirkung eines Johannis-krautpräparates oft nicht sofort, sondern nach einigen Wochen der Anwendung ein.
Kontraindikationen: S. „Gefährliche Wechselwirkungen“ Gefährliche Wechselwirkungen u.a. mit: Johanniskraut aktiviert Enzyme, die andere Medikamente verstärkt abbauen können, und so ihre Wirkung reduzieren; z.B.: Anti-Baby-Pille (reduziert deren Zuverlässig- keit!), HIV-Proteaseinhibitoren, einige Antibiotika, Immunsuppressiva, Antiepileptika, Benzodiazepine, Blutgerinnungshemmer, Trizyklische Antidepressiva, Buprenorphin (Schmerzmittel), Herzglykoside (Digitalis) und andere. Die Wirkungen der Kombination mit SSRIs ist unklar: zum einen verstärkt Johannis- kraut ihren Abbau, zum anderen kann es zu einem lebensgefährlichen Serotonin- Syndrom kommen. Nebenwirkungen: o Erhöhung der Lichtempfindlichkeit der Haut (Sonnenbrand!) o Magen-Darm-Beschwerden o Kopfschmerzen o Erregung o Müdigkeit o Insgesamt aber sehr geringe Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen Bewertung: Als Antidepressivum durchaus wirkungsvoll und nebenwirkungsarm, vor allem, wenn die Dosierung ausreichend ist (auf apothekenpflichtige Medikamente zurückgreifen). Wirkung als Neuroenhancer (also bei Gesunden) unklar, verzögerter Wirkungseintritt. Deshalb erscheint das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Anwendung als Neuro- enhancer als sehr fraglich. Hypnotika
Hypnotika sind Substanzen die eine schlaffördernde Wirkung haben. Dabei gibt es Übergänge zu Sedativa (Beruhigungsmitteln) und Narkotika (Betäubungsmitteln).
1.2.1 Benzodiazepine
Benzodiazepine gibt es als Pharmaka seit 1960. Damals wurde das Librium® auf den Markt gebracht, im Jahre 1963 folgte das bekannte Valium®. Oft werden Benzo-diazepine auch als Tranquilizer bezeichnet. Benzodiazepine zählen zu den am häu-figsten verordneten Medikamenten. Man rechnet damit, dass innerhalb eines Jahres 10 – 17% der Bevölkerung mindestens einmal ein Benzodiazepinpräparat einnimmt. In der Natur kommen Benzodiazepine ebenfalls vor. So enthalten z.B. Kartoffeln oder Weizen Spuren dieser Substanzen. Beispiele für Benzodiazepine sind:
o Alprazolam (Handelsnamen z.B.: Tafil®, Xanax®) o Diazepam (Handelsnamen z.B.: Faustan®, Valium®) o Lorazepam (Handelsnamen z.B.: Laubeel®, Tavor®) o Oxazepam (Handelsnamen z.B.: Adumbran®, Durazepam®) o Tetrazepam (hauptsächlich muskelentspannende Wirkung, Handelsnamen
o Triazolam (Halcion®), offenbar besonders häufige Nebenwirkungen o Midazolam (Dormicum®)
Benzodiazepine wirken angstlösend, beruhigend, muskelentspannend und schlafan-stoßend, eventuell auch stimmungsaufhellend. Entsprechend werden sie unter ande-rem zur Behandlung von Angst- und Erregungszuständen, Schlafstörungen, Muskel-verspannungen und Phobien eingesetzt. Sie sind aber auch bei psychiatrischen und internistischen Notfallsymptomen indiziert. Als Medikament werden sie meist in Tab-lettenform verabreicht. Werden sie missbräuchlich verwendet, werden sie von Kon-sumenten auch injiziert. Die meisten Benzodiazepine unterliegen dem Betäubungs-mittelgesetz. Damit ist der Besitz strafbar, wenn dieser nicht z.B. durch eine ärztliche Verordnung legitimiert ist. Ausgenommen sind dabei Darreichungen, die eine bestimmte Menge an Wirkstoffen nicht überschreiten, worunter die handelsüblichen Tabletten fallen.
Das größte Problem dieser hochwirksamen Substanzen ist das mit ihrer Einnahme verbundene beträchtliche psychische und physische Abhängigkeitsrisiko. Dieses steigt mit einer höheren Dosis und einer längeren Einnahme deutlich an. Auch Absetz- oder Reboundphänomene sind bekannt. Bei der Absetzproblematik können Entzugssymptome wie innere Unruhe, Angst, Schlaflosigkeit, erhöhte Irritabi- lität, Schwitzen, Übelkeit und Erbrechen, Zittern, Kopfschmerzen und Muskel- verspannungen auftreten. Nach ca. viermonatiger Einnahme ist bei plötzlichem Ab- setzen mit Absetzphänomenen zu rechnen, die dann 5 – 15 Tage andauern. Schwere Entzugssymptome können unter anderem Verwirrtheitszustände, psycho- seähnliche Zustände oder Krampfanfälle sein. Reboundphänomene treten eventuell schon nach kurzer Einnahme von Benzodiazepinen auf. Dabei handelt es sich um eine Verstärkung der Symptome, gegen die die Benzodiazepine eingesetzt wurden. Rebound-Symptome halten allerdings nur wenige Tage an. Die Fahrtüchtigkeit ist bei der Einnahme von Benzodiazepinen eingeschränkt. Bei der Injektion von Benzodia- zepinen kann es zu Atemdepression, starkem Blutdruckabfall und zum Herzstillstand kommen. Kontraindikationen: o Abhängigkeitserkrankungen o Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- oder Psychopharmakaintoxikation o Schwere Leber- oder Nierenerkrankungen o Chronische Ateminsuffizienz oder Schlaf-Apnoe-Syndrom o Myasthenia gravis (Muskelschwäche) o Engwinkelglaukom Gefährliche Wechselwirkungen u.a. mit: o Alkohol o Antidepressiva o Lithium o Schlaf- und Beruhigungsmittel o Antiepileptika
o Opioide Schmerzmittel o Magenmittel Cimetidin und Omeprazol o ß-Blockern
Nebenwirkungen: o Erhebliches Risiko einer schweren Abhängigkeit, auch bei längerer Einnahme nur
o Verminderte Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit (Beeinträchtigung der Fahr-
o Gedächtnisstörungen o Durch die muskelentspannende Wirkung hervorgerufene Stürze o Müdigkeit o Kopfschmerzen o Niedergeschlagenheit o Muskelschwäche o Benommenheit o Schwindelgefühl o Paradoxe Wirkungen bei höherer Dosierung: Agitiertheit, Erregungszustände,
Aggressivität, Schlaflosigkeit, Euphorisierung
Leistungsminderung, eingeschränkte Kritikfähigkeit, Gleichgültigkeit, extreme muskuläre Schwäche, Appetitstörungen, Libidoverlust, Menstruationsstörungen
Bewertung: Hochwirksame Medikamente, deren kurzfristige, niedrigdosierte Einnahme nach Ver- schreibung durch einen Arzt vermutlich keine Probleme bereitet. Allerdings haben Benzodiazepine ein erhebliches Abhängigkeitspotential. Auch besteht die Gefahr von Absetz- und Reboundphänomenen. Da die Stärke der Wirkung individuell sehr unter- schiedlich sein kann, kann bei einmaliger Einnahme die genaue Art der Wirkung nicht vorhergesagt werden. Deshalb und wegen des hohen Abhängigkeitsrisikos erscheint das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Anwendung als Neuroenhancer als äußerst ungünstig! 1.2.2 Zopiclon
Zopiclon ist eine Substanz, die als Schlafmittel bei schweren Schlafstörungen einge-setzt wird. Neben der schlafanstoßenden Wirkung wirkt es auch angstlösend, mus-kelentspannend und krampflösend.
In seiner Wirkung, seinen Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Kontra- indikationen ähnelt es den Benzodiazepinen. Genau wie die Benzodiazepine besitzt es ein erhebliches physisches und psychisches Abhängigkeitsrisiko. Das Risiko steigt mit zunehmender Dosis und Behandlungsdauer. Deshalb sollte es keinesfalls länger als einige Tage eingenommen werden. Eine frühere Alkohol- Arzneimittel- oder Drogenabhängigkeit steigert das Abhängigkeitsrisiko zusätzlich. Rebound- und Absetzphänomene ähneln denen der Benzodiazepine. Bei Rebound-Phänomenen handelt es sich, nach dem Absetzen von Zopiclon, um eine Verstärkung der Symp- tome gegen die Zopiclon eigentlich eingesetzt wurde. Kontraindikationen: o Abhängigkeitserkrankungen
o Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- oder Psychopharmakaintoxikation o Schwere Lebererkrankungen o Chronische Ateminsuffizienz oder Schlaf-Apnoe-Syndrom o Myasthenia gravis (Muskelschwäche)
Wechselwirkungen: o Alkohol o Neuroleptika o Antidepressiva o Lithium o Hypnotika o Antiepileptika o Narkotika o Sedativa Antihistaminika o Muskelrelaxantien o Cimetidin o Imidazole und Triazole (Pilzmittel) o Manche Antibiotika o Grapefruitsaft Nebenwirkungen: o Erhebliches Risiko einer schweren Abhängigkeit o Gedächtnisverlust o Schläfrigkeit o Benommenheit o Bittere Geschmacksempfindungen o Kopfschmerzen o Müdigkeit o Appetitlosigkeit o Mundtrockenheit o Schwäche o Sensibilitätsstörungen o Lichtempfindlichkeit o Gangstörungen o Koordinationsstörungen o Verwirrtheit, herabgesetzte Konzentrationsfähigkeit o Teilnahmslosigkeit o Depression o Schwindelgefühl o Verändertes Sehvermögen, Doppelbilder o Übelkeit und Erbrechen, Magen-Darm-Probleme o Veränderung des Sexualverlangens o Hautreaktionen o Allergische Reaktionen o Absetzphänomene: Schlafstörungen in verstärkter Form, Stimmungswechsel,
Unruhe, Aufgeregtheit, Reizbarkeit, Enthemmung,
Aggressivität, abnormes Denken, Wahnvorstellungen, Wutausbrüche, Alpträume, Halluzinationen, Psychosen, unangemessenes Verhalten, wesensfremde Extro-vertiertheit
Bewertung: Bei ärztlicher Verordnung hochwirksames Medikament zur kurzfristigen Behandlung von schweren Schlafproblemen. Allerdings hat Zopiclon ein erhebliches Abhängig- keitspotential. Auch besteht die Gefahr von Absetz- und Reboundphänomenen. Da die Stärke der Wirkung individuell sehr unterschiedlich sein kann, kann bei einmaliger Einnahme die genaue Art der Wirkung nicht vorhergesagt werden. Deshalb und wegen des hohen Abhängigkeitsrisikos erscheint das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Anwendung als Neuroenhancer als äußerst ungünstig! ß-Blocker
ß-Blocker (auch: Betablocker oder Beta-Adrenozeptor-Antagonisten) sind Substan-zen, die im Körper die Beta-Adrenozeptoren blockieren und so verhindern, dass das Stresshormone Adrenalin und der Neurotransmitter Noradrenalin als Botenstoffe im vegetativen Nervensystem wirken können. Durch die erwünschte Blockade von ß1-Rezeptoren senken sie den Blutdruck und die Herzfrequenz, weshalb sie sehr häufig zur Behandlung entsprechender, meist chronischer Erkrankungen auch über lange Zeiträume eingesetzt werden. Nebenbei werden allerdings auch die ß2-Rezptoren zumindest teilweise blockiert, was negative Auswirkungen auf z.B. den Muskeltonus der Bronchialmuskulatur haben kann, was zu einer Verengung der Bronchien bis hin zu deren Verkrampfung führen kann.
Die Namen der Wirkstoffe lauten z.B. Propranolol (wirkt stärker auch auf ß2-Rezep-toren), Metoprolol (am häufigsten) oder Bisoprolol. Sie ähneln sich in ihrer Wirkweise.
In einigen Sportarten, in denen es auf große Ruhe ankommt (z.B.: Schießen oder Golf) stehen ß-Blocker auf der Liste der Dopingsubstanzen.
1.3.1 Metoprolol
Metoprolol soll hier beispielhaft für ß-Blocker beschrieben werden. Es handelt sich dabei um einen ß-Blocker, der „selektiv“ die ß1-Rezeptoren blockiert. Allerdings ist die Selektivität relativ, d.h., dass eben doch zum Teil auch ß2-Rezeptoren (s.1.3) blo-ckiert werden. Metoprolol ist der am häufigsten verschriebene ß-Blocker in Deutsch-land.
Metoprolol wird unter anderem eingesetzt zur Behandlung von Bluthochdruck, Herz-schwäche, Herz-Rhythmus-Störungen, koronare Herzkrankheit, Angina pectoris, dem Zustand nach Herzinfarkt zum Schutz vor einem weiteren Herzinfarkt, zur Migrä-neprophylaxe und bei Schilddrüsenüberfunktion.
Als Neuroenhancer wird Metoprolol eine leicht beruhigende Wirkung z.B. bei großer (Prüfungs-)Angst nachgesagt, allerdings lediglich dadurch, dass körperliche Angst-symptome wie z.B. Herzrasen verringert werden. Das eigentliche Angstgefühl wird direkt nicht verringert. Inwieweit diese Wirkungen zu einem signifikant besseren Gefühl in einer Prüfung oder gar zu einer Leistungssteigerung führen, ist dem Autor nicht bekannt. Sicher ist dagegen, dass die häufigere Einnahme auch von nur gerin-gen Dosen von Metoprolol z.B. vor Prüfungen zu einer psychischen Abhängigkeit führen kann („ohne Medikamente schaffe ich die Prüfung auf keinen Fall“).
Kontraindikationen: o Herzinsuffizienz o Niedriger Blutdruck (Hypotonie) o Verlangsamte Herzfrequenz (Bradykardie) o Bronchiale Hyperreagibilität (z.B. bei Asthma bronchiale) o Schwere, chronische Lungenerkrankungen Wechselwirkungen z.B. mit: o Alkohol o Andere Mittel zur Blutdrucksenkung (z.B. andere ß-Blocker oder ACE-Hemmer) o Mittel zur Gefäßerweiterung o Entwässerungsmittel o Manche Calciumkanalblocker o Barbiturate o Neuroleptika o Antihistaminika o Trizyklische Antidepressiva o Insulin oder andere orale Antidiabetika o Erotamin-Abkömmlinge (Migränemittel) o Mefloquin (Malariamittel) o Ecstasy Nebenwirkungen: o Herzrhythmusstörungen wie verlangsamte Herzfrequenz
o Erregungs- oder Überleitungsstörungen o Kreislaufstörungen bis zur Bewusstlosigkeit o Herzklopfen o Verstärkung einer Herzmuskelschwäche mit Wassereinlagerungen und Atembe-
o verstärkter Blutdruckabfall o Müdigkeit, Erschöpfungszustände, Lethargie, herabgesetzte Aufmerksamkeit o Schwindel o Unwohlsein o Depressionen o Kopfschmerzen o Schlaflosigkeit o Verwirrtheit o Schwitzen o Alpträume, verstärkte Traumaktivität o Halluzinationen o Durchfall, Verstopfung, Blähungen, Übelkeit und Erbrechen, Leibschmerzen o Mundtrockenheit o Zunahme von Atembeschwerden bei bestehendem Asthma, Verkrampfung der
o allergische Hautreaktionen o Empfindungsstörungen wie Kribbeln auf der Haut o Kältegefühl in den Armen und Beinen. o Nervosität o Muskelkrämpfe o Muskelschwäche o Bindehautentzündung (Konjunktivitis), verminderter Tränenfluss
o Auftreten von Diabetes oder Verstärkung einer bereits bestehenden Diabetes-
o Rebound-Phänomene bei plötzlichem Absetzen der Substanz (z.B. deutlicher
Bewertung: Hochwirksames Medikament zur langfristigen Behandlung von Herz-Kreislaufprob- lemen. Es besteht die Gefahr von Absetz- und Reboundphänomenen, sowie einer psychischen Abhängigkeit. Da die Stärke der Wirkung individuell sehr unterschiedlich sein kann, kann bei einmaliger Einnahme die genaue Art der Wirkung nicht vorher- gesagt werden. Unklarer Effekt auf Prüfungsangst. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Anwendung als Neuroenhancer erscheint fraglich. Cannabis
Cannabis ist das in Deutschland am häufigsten verwendete illegale Rauschmittel. Es wird aus Blüten und blütennahen Blättern bzw. dem Harz von Hanfpflanzen gewon-nen. Der wichtigste psychoaktive Bestandteil ist das Tetrahydrocannabinol (THC), daneben gibt es noch etliche andere, z.B. Cannabidiol (CBD). Seine Wirkung ist in der Hauptsache eine leichte Sedierung bzw. eine Relaxierung. Meist kommt es zu einem intensiveren Erleben von positiven Gefühlen. Insofern könnte es als Neuro-enhancer als stimmungsmodulierende Substanz eingesetzt werden. Manchmal je-doch werden auch Angst (bis zu Panik oder paranoiden Zuständen), Traurigkeit, Misstrauen oder Depersonalisation (die eigene Person oder Aspekte der Umwelt werden als fremd und verändert erlebt) empfunden. Die zu erwartenden Wirkungen können also auch von einem erfahrenen Konsumenten nicht zuverlässig vorherge-sehen werden. Die Konzentration der psychoaktiven Substanzen in Hanfprodukten schwankt sehr stark. Allgemein wird von einer starken Erhöhung der Konzentration in den letzten beiden Jahrzehnten ausgegangen.
Die Wirkung von Cannabis hält dabei deutlich kürzer an als der Abbau der Substanz im Körper dauert. Bei inhalativem Konsum wird das Wirkmaximum in ca. 15 Minuten erreicht. Nach ca. 2 – 3 Stunden ist die Wirkung zumeist verschwunden. Oral einge-nommen tritt die Wirkung stark verzögert ein, so dass eine Dosierung noch schwerer möglich ist als durch den schwankenden THC-Gehalt sowieso. Im Urin sind THC und seine Abbauprodukte etwa 30 Tage nachweisbar.
Erstmals als „Heilmittel“ verwendet wurde Cannabis vor ca. 4700 Jahren in China und in Indien vor ca. 2400 Jahren. Seit den Kreuzzügen wurde Cannabis auch in Europa gegen rheumatische und bronchiale Erkrankungen sowie als Opiumersatz (Schmerzmittel) eingesetzt. Wegen Schwierigkeiten in der Dosierung und teilweise paradoxen Wirkungen wurde es zusehends durch synthetisch hergestellte Medika-mente verdrängt und schließlich nahezu weltweit verboten. Allerdings werden die pharmakologischen Wirkungen von THC weiter erforscht. Für die Behandlung von Schmerz, Krankheiten des Stütz- und Bewegungsapparates, Spastiken, bei Multipler Sklerose, Arthritis, Depression, Übelkeit, Erbrechen und Anorexie gibt es Hinweise auf eine Wirksamkeit.
Auch in Deutschland unterliegt der Besitz von Cannabis dem Betäubungsmittel-gesetz und wird strafrechtlich verfolgt. Ausnahmen sind der behördlich erlaubte Be-zug von Cannabis aus der Apotheke. Auch wird der Besitz einer „geringen Menge“ an Cannabis oft nicht verfolgt. Wo die Grenzen dieser „geringen Menge“ liegen, ent-scheidet letztlich jede Staatsanwaltschaft nach eigenem Ermessen.
Konsumiert wird Cannabis vor allem inhalativ oder oral. Der Rauch von Cannabis enthält in etwa so viel Teer wie der Tabakrauch und zusätzlich etliche andere giftige und krebserregende Substanzen, so dass der Cannabisrauch als giftiger als der Tabakrauch eingeschätzt werden muss. Die letale Dosis von Cannabis beim Men-schen wird bei oraler Aufnahme auf etwa 300g (!) geschätzt – ein Todesfall durch Überdosierung ist nicht bekannt.
Kontraindikationen: o Allergische Reaktionen auf Cannabisprodukte o Psychische Probleme, insbesondere Psychosen und Suizidgedanken o Schwangerschaft o Schwere Herz-Kreislauferkrankungen o Hepatitis C o Suchterkrankungen Wechselwirkungen z.B. mit: o Cannabis verstärkt die Wirkung von Alkohol, Benzodiazepinen und Opiaten o Cannabis verstärkt den Effekt von Fluoxetin o Cannabis kann die Wirkung von Neuroleptika herabsetzen o Aspirin® kann die Effekte von Cannabis hemmen o Cannabis kann den Wirkstoffspiegel von Protease-Hemmern im Blut reduzieren o Bei Mischgebrauch mit LSD erheblich gesteigertes Psychoserisiko Nebenwirkungen: o Mundtrockenheit, o gesteigertes Hungergefühl o Herzrasen (Tachykardie) o Blutdruckabfall, eventuell dramatisch („Umkippen“) o Müdigkeit bzw. Antriebslosigkeit o Schwindel o Verringerung der Konzentrationsfähigkeit und der Urteilskraft (obwohl das subjek-
o Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses o Dysphorie oder Depression o Angst und Panikattacken o Gefühle von Unwirklichkeit und Depersonalisation o Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit o Erhöhung des Risikos der Ausbildung einer Schizophrenie (auch bei einmaligem
bei dauerhaftem Gebrauch: o Erkrankungen des Atmungssystems, chronische Bronchitis, Bronchialkarzinom o Herz-Kreislauf-Erkrankungen o Entwicklung einer psychischen Abhängigkeit (körperliche Entzugserscheinungen
o Amotivationssyndrom (Lethargie, verminderte Belastbarkeit, allgemeines Desinte-
resse, verflachter Affekt; die Entwicklung eines solchen Syndroms wird von eini-gen Forschern allerdings als nicht bewiesen angesehen)
o Hirnorganische Veränderungen durch Cannabis konnten bei Erwachsenen nicht
nachgewiesen werden, wohl aber bei Jugendlichen!
o Absetzproblematik (Unruhe, Reizbarkeit, Schlaflosigkeit, verminderter Appetit,
Bewertung: Offenbar wirksame Substanz bei der Behandlung einiger Erkrankungen und (als Neuroenhancer immer!) illegale Droge. Cannabis ist schwer zu dosieren und kann paradoxe Wirkungen haben. Es besteht die Gefahr von Absetzphänomenen, sowie einer psychischen Abhängigkeit. Insbesondere dauerhafter Gebrauch wird sich sehr ungünstig auf die Fähigkeit zu studieren auszuwirken. Unklarer Effekt auf Prüfungs- angst. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Anwendung als Neuroenhancer erscheint sehr fraglich, bei langfristiger Anwendung als äußerst ungünstig.
1.4.2 Alkohol
Alkohol (Ethanol) ist vermutlich in Deutschland die psychoaktive Substanz, die am häufigsten eingenommen wird. 2004 trank jeder Deutsche im Jahr etwa 12,8 Liter reinen Alkohol. Etwa ein Drittel aller Männer und ein Fünftel aller Frauen in Deutsch-land konsumiert Alkohol in gesundheitlich bedenklichen Mengen. 1,7 Millionen Deut-sche gelten als alkoholabhängig. Die WHO sieht einen Konsum von bis zu 7 Gramm/Tag bei 4 konsumfreien Tagen in der Woche als gesundheitlich unbedenklich an.
http://www.kenn-dein-limit.de/selbst-tests/alkohol-selbst-test/
Als Neuroenhancer könnte Alkohol als Substanz, die die Stimmung positiv beein-flusst, eingesetzt werden. Er wirkt (kurzfristig) stimmungsaufhellend, angstlösend, aktivierend oder schlafanstoßend. Viele Studierende berichten schon einmal Alkohol getrunken zu haben, um „runter zu kommen“.
Alkohol wird zwar nicht als „giftig“ eingestuft, er (und seine Abbauprodukte, z.B. Acetaldehyd) hat allerdings einen schädigenden Einfluss auf alle Körperzellen, am meisten auf Leber, zentrales Nervensystem und wenn vorhanden, auf den Embryo. Zusätzlich zieht Alkohol eine Reihe von sekundären Gesundheitsproblemen nach sich. So führt Alkoholkonsum zu einer Erhöhung der Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke, so dass auch andere Schadstoffe das Gehirn leichter erreichen. Außer-dem entstehen bei regelmäßigem Alkoholgenuss Mangelerscheinungen (Vitamine, Elektrolyte, Spurenelemente). Alkoholkonsum führte 2010 zu 15.000 Todesfällen in Deutschland, rund die Hälfte davon durch Leberzirrhose.
Jellinek teilte bereits in den 50er Jahren Alkoholtrinker in verschiedene Typen ein (Alpha-Typ bis Epsilon-Typ). Für die Verwendung von Alkohol zur Regulierung der Stimmung ist vor allem der Alpha-Typ („Erleichterungstrinker“ oder „Kummertrinker“) in Betracht zu ziehen. Beim Alpha-Trinker handelt es sich nicht um einen Alkohol-abhängigen, jedoch um eine Person, die Gefahr läuft, eine (zunächst) psychische Abhängigkeit zu entwickeln, dadurch, dass er in Spannungssituationen regelmäßig Alkohol konsumiert um Spannungen zu reduzieren und Konflikte zu beseitigen. Die Menge des konsumierten Alkohols hängt dabei ab von der jeweiligen Stresssituation.
Selbstüberschätzung und gesteigerte Aggression stehen kurzfristig den positiven Folgen des Alkoholgenusses gegenüber. So spielt Alkohol bei Gewaltkriminalität eine große Rolle: 47% aller Totschlagsdelikte in Deutschland, 37% aller Vergewaltigungen und 29% aller Morde passieren unter Alkoholeinfluss.
In manchen Studien wird von isolierten positiven Effekten von Alkohol auf die Gesundheit berichtet. Diese treten allerdings nur bei sehr geringem Alkoholkonsum auf (J-förmige Kurve!) und stehen den Gesundheitsrisiken gegenüber. Bei einigen Studien dieser Art werden die Auftraggeber (z.B. Wein- und Bierproduzenten) ver-dächtigt, den Ausgang der Studie beeinflusst zu haben.
Kontraindikationen: o Schwangerschaft !!! o Leberschäden oder Einnahme von Medikamenten, die die Leber stark belasten o Abhängigkeitserkrankungen Wechselwirkungen z.B. mit: o Vielen illegalen Drogen (z.B.: Amphetaminen, Opiaten) o Methylphenidat o Selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern o Metoprolol o Antiepileptika o Antipsychotika o Benzodiazepine und andere Beruhigungs- und Schlafmittel (z.B. Chloraldurat®) o Antihistaminika o Cannabis o Bei einigen Medikamenten wird deren Abbau bei Alkoholkonsum beschleunigt
und deren Wirkung damit deutlich reduziert
Nebenwirkungen: o Aufmerksamkeitsstörung o Verringerung der kognitiven Leistungsfähigkeit; bei längerem Missbrauch
o Gesteigerte Aggressivität o Affektlabilität o Gang- und Standunsicherheit o Bewusstseinsminderung o Verwaschene Sprache o Hypotonie bei starkem Konsum o Leberschäden, bei längerem Missbrauch eine oft tödliche Leberzirrhose o Bei akuter Vergiftung: Delir, Wahrnehmungsstörungen, Koma o Für Menschen, die nicht gewohnt sind zu trinken, herrscht ab ca. 3 ‰ Blut-
Bewertung: Der mäßige Genuss von Alkohol bereitet keine Probleme. Als gefährlich muss aller- dings die Situation eingeschätzt werden, wenn Alkohol als primäres Mittel der Stressbewältigung eingesetzt wird. Hier droht eine Abhängigkeit. Den kurzfristig positiven psychischen Wirkungen stehen kurz- und langfristig negative gegenüber. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Anwendung als Neuroenhancer erscheint sehr fraglich, bei langfristiger Anwendung als äußerst ungünstig. Substanzen, die zur Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit eingesetzt werden Psychostimulanzien
Psychostimulanzien sind Substanzen, die die Aktivität von Nerven erhöhen, beschleunigen oder verbessern und so den Organismus anregen sollen.
Amphetamine und verwandte Substanzen 2.1.1.1 Amphetamin (alpha-Methylphenethylamin)
Amphetamine gehören zur Gruppe der Psychostimulanzien; die Handelsnamen sind z.B. Aderall®, Attentin®, Benzedrin®, Pemolin®, D,L-Racemat®, Ephedrin (natürlich vorkommend). Als Droge wird es als „Speed“ oder „Pep“ bezeichnet. MDMA (Methyl-endioxymethamphetamin, Ecstasy) ist dem Amphetamin sehr ähnlich, als illegale Droge aber häufig mit anderen Substanzen gemischt.
Amphetamine wurde z.B. Soldaten im 2. Weltkrieg massenhaft als „Muntermacher“ verabreicht – sie sollten wach, motiviert und aggressiv halten. Seit 1937 ist bereits bekannt, dass sie auch von Studenten (damals an der Universität Minnesota) zum Durchlernen von Nächten eingesetzt werden, später auch als Mittel zur Gewichts-reduktion und als Asthmamittel.
Amphetamine wirken dabei stimulierend auf das sympathische Nervensystem, sie wirken leicht euphorisierend, reduzieren Hunger, Durst, Müdigkeit und Schmerzemp-finden. Dagegen steigern sie das Selbstwertgefühl. Für eine tatsächliche Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit liegen keine Hinweise vor. Amphetamine sorgen für eine verstärkte Freisetzung von Dopamin, was zu einem hohen Suchtpotenzial führt. Deshalb unterliegen sie dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG).
Kontraindikationen: o Abhängigkeitserkrankungen o Herz-Kreislauf-Erkrankungen o Psychotische Symptomatik o Depressionen o Angsterkrankungen o Essstörungen o Krampfanfälle o Tic-Störungen o organische Hirnerkrankungen o Zustand nach Schlaganfall o Schilddrüsenüberfunktion o Engwinkelglaukom o Schwangerschaft und Stillzeit + s. „Gefährliche Wechselwirkungen“ Gefährliche Wechselwirkungen u.a. mit: Mao-Hemmern, Ecstasy, Alkohol, Kokain, Ritonavir Nebenwirkungen: o erhöhter Blutdruck und Pulsfrequenz o trockene Schleimhäute o erweiterte Pupillen
o Appetitlosigkeit o Krämpfe der Kau- und Wangenmuskulatur o Nährstoff- und Schlafmangel: erhöhte Infektanfälligkeit, körperliche und geistige
o Gefahr der Überdosierung!!! Die letale (tödliche) Dosis liegt bei ca. 1,3mg/kg Kör-
pergewicht (bei Gewöhnung höher), d.h.: ca. 100mg bei 75kg → letale Überdosierungen vor allem bei illegalen Substanzen möglich, da diese einen un-klaren Amphetaminanteil haben! Bei Überdosierung: Kreislaufkollaps, Atemläh-mung, Hirnblutungen
o Aggressionsschwelle wird gesenkt o Größenwahn, Paranoia, latente (reversible) Psychosen o Bewusstsein wird auf ein Ereignis konzentriert („Tunnelblick“) o bei höherer Dosis allerdings Fahrigkeit und Unruhe, Schlafstörungen o Gewichtsverlust o Potenzstörungen bei Libidoanstieg o Nierenschäden o Nervenschäden o Verlust des Zahnschmelzes, Hautunreinheiten o Unruhe, verstärkte motorische Aktivität, Rededrang o Rebound (Zunahme der Symptome nachdem die Wirkung nachlässt): Nervosität
o Entzugserscheinungen: Lethargie, Depressionen bis hin zu Selbstmord-
tendenzen, Apathie, Angst und Schlafstörungen, Muskelschmerzen (Myalgie), Bauchschmerzen und übermäßiger Appetit
Bewertung: Wirkungsvolles Psychostimulans, wobei allerdings unklar ist, inwieweit eine gefühlte Verbesserung der Leistungsfähigkeit lediglich auf eine entsprechende Veränderung der Selbstwahrnehmung zurückzuführen ist und nicht auf eine tatsächliche Leis- tungssteigerung. Großes Nebenwirkungs- und Suchtpotenzial. Da es dem Betäu- bungsmittelgesetz unterliegt ist die nicht durch einen Arzt verschriebene Anwendung illegal. Die Wirksamkeit als Neuroenhancer erscheint oft nicht höher als die von Koffein. Insgesamt erscheint das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Anwendung als Neuroenhancer als äußerst ungünstig! 2.1.1.2 Methamphetamin
Methamphetamin (N-Methylamphetamin) ist ein aus Ephedrin (s. 2.1.1.1) syntheti- siertes Psychostimulans. Bis 1988 kam es in einem Arzneimittel zur Unterdrückung der Müdigkeit (Pervitin®) vor, wurde dann vom Markt genommen und findet heute in Deutschland keine Verwendung als Arzneimittel mehr. Als billige, illegale Droge wird es als „Meth“, „Yaba“, „Chrystal“ oder „Ice“ bezeichnet. Selbst in reiner Form wirkt es enorm zerstörerisch z.B. auf das zentrale Nervensystem und ist damit gefährlicher als viele andere harte Drogen. Zusätzlich scheint die Herstellung nicht einfach, so dass es oft zu Unreinheiten kommt.
Im 2. Weltkrieg wurde Methamphetamin millionenfach in Wehrmacht und Luftwaffe zur Reduktion von Angst sowie zur Steigerung der Konzentrationsfähigkeit einge-setzt. Später wurde es auch als Dopingmittel im Sport verwendet mit teilweise ver-heerenden Folgen.
In seiner Wirkung ist es den Amphetaminen sehr ähnlich (leicht euphorisierend, Hun-ger, Durst, Müdigkeit und Schmerzempfinden reduzierend, Selbstwertgefühl steigernd), wirkt allerdings stärker und länger. Es hat außerdem ein noch größeres Suchtpotential (starke psychische Abhängigkeit).
Nebenwirkungen o Schwächung des Immunsystems o Hautentzündungen o Haarausfall o Zahnausfall o Zersetzung der Schleimhäute in Mund und Nase (bei Schnupfen oder Rauchen) o Magenschmerzen o Magendurchbruch o Herzrhythmusstörungen o Schlafstörungen o Erhöhte Körpertemperatur o Paranoide Wahnvorstellungen aufgrund des Schlafmangels o Ausbruch einer latenten Schizophrenie o Potenzstörungen bei Libidoanstieg o Unruhe, gesteigerter motorischer Antrieb o Übersteigerte(r) Egozentrik/Narzissmus, Mitteilungsbedürfnis o Aggressivität o Nierenschäden o Leberversagen o Gewichtsverlust o schwere Depressionen o bei häufigerer Anwendung: schneller geistiger Verfall o Gefahr der Überdosierung!!! Letale Dosis ist offenbar geringer als beim Ampheta-
min, genaue Zahlen konnten allerdings nicht gefunden werden
o Rebound: Lethargie, Depression, Erschöpfung mit sehr langen Schlafperioden,
Bewertung: Wirkungsvolles Psychostimulans, wobei allerdings unklar ist, inwieweit eine gefühlte Verbesserung der Leistungsfähigkeit lediglich auf eine entsprechende Veränderung der Selbstwahrnehmung zurückzuführen ist und nicht auf eine tatsächliche Leis- tungssteigerung. Außerdem hat es auch Wirkungen, die einer verbesserten Leis- tungsfähigkeit entgegenwirken. Großes Nebenwirkungs- und extrem hohes Sucht- potenzial. Die Anwendung ist illegal. Insgesamt ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Anwendung als Neuroenhancer (und zu jedem anderen Zweck) katastrophal! 2.1.1.3. Methylphenidat
Methylphenidat ist in seinen stimulierenden Wirkungen den Amphetaminen sehr ähn-lich. Wegen einer verzögerten Verfügbarkeit im Organismus kommt es aber nicht zu einem „kick“. Es unterliegt dem BtMG, wodurch der Besitz, soweit nicht durch z.B. eine ärztliche Verordnung legitimiert, verboten ist. Methylphenidat ist aber auf Rezept erhältlich z.B. als Ritalin®, Medikinet®, Concerta® oder als Methypatch®.
Es wurde 1944 von Leandro Panizzon synthetisiert und an seiner Frau „Rita“ (→ Ritalin) ausprobiert. Diese war bei Gebrauch von besseren Leistungen beim Tennis-
spiel unter Ritalin beeindruckt. Es steigert kurzzeitig die körperliche Leistungsfähig-keit, wirkt anregend und baut Hemmungen ab. Schmerzwahrnehmung, Schlaf-bedürfnis und Hunger werden vermindert. Als Neuroenhancer eingesetzt steigert es die kognitive Leistung nach Schlafentzug und erhöht die Leistung bei einfachen, sich wiederholenden Aufgaben. Die Leistung bei komplexen kognitiven Aufgaben ver-schlechtert sich dagegen.
Indikation für die Verordnung von Methylphenidat ist bei Kindern und Jugendlichen ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom). Bei Erwachsenen ist es erst seit 2011 für die Behandlung von ADHS zugelassen, zusätzlich bei Narkolepsie und therapieresistenten Depressionen.
Kontraindikationen: o Abhängigkeitserkrankungen o Herz-Kreislauf-Erkrankungen o Psychotische Symptomatik o Depressionen o Angsterkrankungen o Essstörungen o Krampfanfälle o Tic-Störungen o organische Hirnerkrankungen o Zustand nach Schlaganfall o Schilddrüsenüberfunktion o Engwinkelglaukom o Schwangerschaft und Stillzeit Gefährliche Wechselwirkungen u.a. mit: o MAO-Hemmern o Alkohol o hemmt Abbau von manchen Blutgerinnungsmitteln o Antiepileptika o Neuroleptika o trizyklischen Antidepressiva Nebenwirkungen o vermutlich Wachstumshemmung bei Kindern/Jugendlichen o Appetitverlust, Rückgang der Flüssigkeitsaufnahme o Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen o Bluthochdruck, Herzrasen, Herzklopfen, Herzrhythmusstörungen o Nervosität, Schlaflosigkeit o Höhere Empfindsamkeit, Depression bis hin zur Suizidalität, Reizbarkeit o Gefühl, nicht mehr man selbst zu sein, wie eine Maschine zu reagieren o Rebound (Verstärkung der Symptomatik beim plötzlichen Absetzen), z.B. Anstieg
o Selten Leberversagen, Blutbildveränderungen, Krämpfe o Autofahren unter Methylphenidat ist grundsätzlich zwar erlaubt, bei einigen Perso-
nen (nicht bei ADHS-PatientInnen!) gibt es offenbar ein erhöhtes Unfallrisiko
o Fragliche Suchtgefahr bei normaler Applikation (oral bis 60mg/Tag), bei
intravenöser Applikation und hören Dosen: psychische Abhängigkeit
o Bei Überdosierung: Übererregtheit des zentralen Nervensystems, Krämpfe, Deli-
Bewertung: Bei ADHS wirkungsvolles Medikament mit geringem Suchtpotential, allerdings sind Langzeituntersuchungen noch nicht ausreichend vorhanden. Als Neuroenhancer sind die Wirkungen fraglich (bei einfachen Aufgaben offenbar eine Verbesserung, bei komplexen Aufgaben offenbar Verschlechterung der Leistungsfähigkeit, wirksam nach Schlafentzug). Nebenwirkungen wie Herzklopfen, Reizbarkeit und Nervosität können die Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit mehr als wettmachen. Ein Abhängigkeitsrisiko besteht, ist aber deutlich geringer als bei Amphetamin und Methamphetamin. Somit ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der Anwendung als Neuroenhancer sehr fraglich. Modafinil
Modafinil ist ein neueres Psychostimulans, das sich in seiner chemischen Struktur deutlich von den amphetaminähnlichen Substanzen unterscheidet. Produktnamen sind z.B.: Vigil®, Provigil® (in den USA) oder Modasomil®. Es wird seit 1994 in Frankreich, seit 1998 in den USA eingesetzt. Ähnlich wie Methylphenidat braucht es lange, bis es im Organismus vollständig verfügbar ist, so dass es zu keinem „kick“ bei der Einnahme kommt. Ein Abhängigkeitsrisiko besteht trotzdem. Langzeitunter-suchungen existieren bisher nicht. Seit 2008 unterliegt es nicht mehr den Bestim-mungen des BtMG, ist aber verschreibungspflichtig.
Modafinil bewirkt offenbar eine Aktivierung und eine Steigerung der Konzentrations-fähigkeit bei einfachen Aufgaben.
Die Indikation für den Einsatz von Modafinil ist Hypersomnie bzw. Narkolepsie. Bei Schlafapnoe und Schichtarbeiter-Syndrom wird die Anwendung in der EU seit 2011 nicht mehr als günstig angesehen. Off-label wird es auch eingesetzt bei ADHS, chro-nischem Erschöpfungssyndrom, Depression und Schizophrenie.
Kontraindikationen: o Abhängigkeitserkrankungen o schwere Angstzustände o psychotische, depressive oder manische Vorerkrankungen o schwere Leber- oder Nierenerkrankungen o Bluthochdruck, schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen Gefährliche Wechselwirkungen u.a. mit: o Prazosin o trizyklische Antidepressiva o einigen Antiepeliptika o Diazepam o Propranolol
Achtung: es bestehen derzeit noch sehr wenige Erfahrungen mit Wechselwirkungen!
Nebenwirkungen: o Blutdrucksteigerung o Kopfschmerzen o Verschwommenes Sehen o Übelkeit, Verdauungsstörungen o Schwere Hautreaktionen verschiedener Art o Nervosität o Verwirrtheit, Denkstörungen
o Ängste, Depressionen bis zu Suizidgedanken o Tagesmüdigkeit o Aggressionsschwelle wird gesenkt o Akustische Halluzinationen, Wahnvorstellungen o Vermutlich geringe Toxizität o Psychische Abhängigkeit o Reduziert die Wirksamkeit von Kontrazeptiva (insbesondere Mini- und Micro-Pille)
Bewertung: Bei Narkolepsie wirkungsvolles Medikament mit geringem Suchtpotential, allerdings sind Langzeituntersuchungen noch nicht vorhanden! Als Neuroenhancer sind die Wirkungen fraglich (bei einfachen Aufgaben offenbar eine Verbesserung). Neben- wirkungen wie Nervosität, Denkstörungen Benommenheit oder emotionale Verände- rungen können die Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit mehr als wett- machen. Ein Abhängigkeitsrisiko besteht, ist aber deutlich geringer als bei Ampheta- min und Methamphetamin. Somit ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der Anwendung als Neuroenhancer fraglich. Antidementiva
Antidementiva sind Medikamente, mit denen versucht wird, Demenz zu behandeln. Zumeist besitzen sie im Frühstadium der Demenz eine gewisse Wirksamkeit. Manchmal werden Antidementiva auch als Nootropika bezeichnet. Dieser Begriff ist allerdings sehr unscharf und weiter gefasst als Antidementiva, bezeichnet er doch alle möglichen Substanzen, so auch Nahrungsergänzungsmittel, die sich positiv auf den Verstand auswirken sollen.
Donepezil
Donepezil wird bei der Behandlung von leichter bis mittelschwerer Demenz des Alzheimer-Typs eingesetzt. Es erhöht dabei die Verfügbarkeit des Neurotransmitters Acetylcholin (durch Hemmung der Cholinesterase, die das Acetylcholin aufspaltet), was die Hirnleistung verbessern soll. Substanznamen sind in Deutschland Aricept® und Yasnal® Die tatsächliche Wirkung scheint in einer statistisch signifikanten aber sehr geringen Verbesserung des Erinnerungs- und Denkvermögens zu liegen, bei Einzelnen ist die Substanz dagegen völlig wirkungslos. Kontraindikationen: o Überempfindlichkeit gegenüber Piperidin-Derivate o Besondere
Krampfanfällen, obstruktiven Lungenerkrankungen (z.B. Asthma bronchiale) und Blasenobstruktion
Wechselwirkungen: o nichtsteroidalen Antirheumatika (z.B. auch Acetylsalicylsäure = Aspirin) o Muskelrelaxantien o Anticholinergika o Betablocker Nebenwirkungen: o Durchfall, Übelkeit, Erbrechen o Müdigkeit o Kopfschmerz o Infektionserkrankungen o Appetitlosigkeit o Albträume, Halluzinationen o Erregung o Angstzustände o Harninkontinenz o Schlaflosigkeit o Schwindel o Ausschlag, Juckreiz o Herzrhythmusstörungen o Muskelkrämpfe o offenbar keine Abhängigkeit Bewertung: Medikament mit sehr geringer therapeutischer Wirkung, bei einigen Personen auch völlig wirkungslos. Kein Abhängigkeits-, jedoch nicht unerhebliches Nebenwirkungs- potential. Somit ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der Anwendung als Neuro- enhancer fraglich. 2.2.2 Piracetam
Auch Piracetam wird seit den 60er Jahren zur Behandlung der Symptome einer Demenz eingesetzt. Es ist ein Derivat der Gamma-Aminobuttersäure (GABA) und soll den Zuckerstoffwechsel und die Sauerstoffverwertung im Gehirn anregen. Die genauen biochemischen Wirkmechanismen sind dabei allerdings größtenteils unklar. Handelsnamen
Normabrain®. Bei Kindern kann Piracetam eventuell bei der Behandlung einer Lese-Rechtschreibschwäche eingesetzt werden.
Piracetam kann Gedächtnis-, Denk- und Konzentrationsstörungen sowie Antriebs-störungen, Motivationsmangel und vorzeitige Ermüdbarkeit lindern. Studien zeigten allerdings bei einer kleineren Gruppe von Versuchspersonen auch eine Verschlechterung beim Lernen! Insgesamt scheint die therapeutische Wirksam-keit nur ungenügend nachgewiesen zu sein.
Kontraindikationen: o Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff o Besondere Vorsicht bei: Nierenfunktionsstörungen, Blutgerinnungsstörungen Wechselwirkungen: o Verstärkt möglicherweise die Wirkung von Blutgerinnungshemmern o verstärkte Erregbarkeit bei gleichzeitiger Einnahme von Schilddrüsenhormonen o Nebenwirkungen von Neuroleptika können verstärkt werden o Wirkungen von Opioiden, Schlafmitteln und Antidepressiva können verstärkt wer- Nebenwirkungen: o Antriebssteigerung o Schlafstörungen, Schlaflosigkeit, Nervosität
o Depressionen o Angststörungen o Aggressivität o Übelkeit, Brechreiz, Bauchschmerzen, Durchfall o Gewichtszunahme o Schwindel, Schwäche, Blutdruckabfall o Blutdrucksteigerung o gesteigerte Libido
o Kopfschmerzen o Bewegungsstörungen o Gleichgewichtsstörungen o Verwirrtheitszustände o Wahnvorstellungen o Schläfrigkeit o allergische Reaktionen wie anaphylaktischer Schock, Nesselsucht, Hautrötungen,
o Hitzegefühl, Schweißausbrüche o offenbar keine Abhängigkeit
Bewertung: Medikament mit nur unzureichend nachgewiesener therapeutischer Wirkung, bei einigen Personen auch völlig wirkungslos. Kein Abhängigkeits-, jedoch nicht uner- hebliches Nebenwirkungspotential. Somit ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der Anwendung als Neuroenhancer fraglich. 2.2.3 Ginkgo Biloba
Bei Ginkgo Biloba handelt es sich um einen entwicklungsgeschichtlich sehr alten Baum, der ursprünglich aus Südchina stammt. Pharmazeutisch genutzt wird ein Extrakt aus den Blättern des Baumes, der hauptsächlich Ginkgolide und Terpen-lactone enthält. Dieser Extrakt wird eingesetzt bei hirnorganischen Leistungs-störungen, Durchblutungsstörungen, Schwindel und Ohrengeräuschen. Die Wirkung soll durch eine mindestens kurzzeitige Zunahme von Acetylcholin als Botenstoff erfolgen. Auch bei Ginkgo sind die Wirkmechanismen im Einzelnen noch nicht ein-deutig nachgewiesen. In der traditionellen chinesischen Medizin werden auch andere Bestandteile der Pflanze für ganz unterschiedliche Anwendungen genutzt. Handels-namen sind unter anderem Gingium® und Tebonin®
Studien zeigten teilweise einen signifikanten Effekt, teilweise nicht. Offenbar ist auch bei Ginkgo wie bei allen Antidementiva die Wirkung nur äußerst moderat und im Ein-zelnen schwer zu bestimmen.
Kontraindikationen: o Überempfindlichkeit gegen einen der Wirkstoffe Wechselwirkungen: o Vermutlich wird die Wirkung von Blutgerinnungshemmern verstärkt Nebenwirkungen: o Magen-Darm-Beschwerden o Kopfschmerzen o Allergische Hautreaktionen Bewertung: Medikament mit nur unzureichend nachgewiesener therapeutischer Wirkung, bei einigen Personen auch völlig wirkungslos. Kein Abhängigkeits-, jedoch vorhandenes Nebenwirkungspotential. Wegen der fraglichen Wirksamkeit ist das Kosten-Nutzen- Verhältnis bei der Anwendung als Neuroenhancer fraglich. Andere Substanzen 2.3.1 Koffein
Koffein (Synonym: Coffein, Teein oder Thein, für Chemikerinnen und Chemiker: 1,3,7-Trimethyl-3,7-dihydro-2H-purin-2,6-dion, Summenformel: C8H10N4O2) ist die weltweit am meisten konsumierte „pharmakologische Substanz“. Neben Kaffee, Tee, Cola, Mate, Guarana und Energy-Drinks kommt sie in sehr geringen Mengen auch in Schokolade vor. Als Entdecker des Koffeins gilt ein Apotheker mit dem Namen Runge, der auf Anregung Goethes die Kaffeebohne auf ihre wirksame Substanz untersuchte und fündig wurde. Koffein ist ein Alkaloid (wie z.B. Ephedrin und Meska-lin). Die tödliche Dosis liegt bei einem Menschen theoretisch bei ca. 100 Tassen Kaffee (natürlich in kürzester Zeit eingenommen – aber wer kann schon 15 bis 20 Liter Kaffee in kürzester Zeit trinken???). Bei Espresso können allerdings schon drei bis vier Liter ausreichen.
Der Wirkmechanismus ist bei Koffein wie folgt: Bei der Arbeit von Nervenzellen im Gehirn entsteht Adenosin. Dieser Stoff hemmt die Nervenzellen ein wenig, was sinn-voll ist, um sie vor Überlastung zu schützen. Das Koffein besetzt nun die gleichen Rezeptoren wie das Adenosin, ohne diese jedoch zu aktivieren. Somit kann das Adenosin seine hemmende Aufgabe nicht mehr wahrnehmen. Allerdings reagieren die Nervenzellen nach ca. 1 – 2 Wochen mit der Ausbildung neuer Adenosin-Rezeptoren, womit eine Toleranzentwicklung gegenüber Koffein einhergeht.
Die Wirkungen von Koffein sind vielfältig, z.B.: o Anregung
Konzentrationsfähigkeit und Merkfähigkeit)
o Verringerung des Schlafbedürfnisses o Leichte Euphorisierung o Erhöhung der Kontraktionskraft des Herzens o Steigerung der Herzfrequenz o Bronchialerweiterung o Schwach harntreibende Wirkung o Wirkung auf Blutgefäße: auf Gefäße im Gehirn wirkt Coffein verengend, auf
o Eine geringfügige Erhöhung des Blutdrucks wird beschrieben o Anregung der Peristaltik des Darmes
Medizinisch angewendet wird Koffein wegen seiner verstärkenden Wirkung auf Schmerzmittel als Zusatzstoff in der Schmerz- und der Migränetherapie.
Koffein ist als Suchtmittel zu betrachten. Bei regelmäßigem, auch nur mäßigem Kon-sum tritt eine Toleranzentwicklung auf und bei Entzug entstehen körperliche (z.B.: Kopfschmerzen und Übelkeit) und psychische (Reizbarkeit, depressive Stimmung, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen) Entzugserscheinungen. Die Entzugs-erscheinungen sind meist nur kurz, können selten aber auch bis zu neun Tagen an-dauern. Ein akute Intoxikation, ein Abhängigkeitssyndrom bzw. ein Entzugssyndrom
bei Koffein stellen nach der „Internationalen Klassifikation psychischer Störungen“ der WHO klinisch relevante psychische Störungen dar.
Koffein ist natürlich, relativ preisgünstig, legal und gesellschaftlich akzeptiert. Es gilt entsprechend der World Anti-Doping Agency (WADA) im Sport noch nicht einmal als Dopingmittel.
Kontraindikationen: o Leberzirrhose o Herzrhythmusstörungen o Angststörungen o Überfunktionen der Schilddrüse Wechselwirkungen: o Verstärkt die Wirkungen von Amphetaminen, Ecstasy (Achtung: gravierende
Herz-Kreislauf-Probleme möglich) und Methylphenidat
o Schmerzstillende Wirkung von Acetylsalicylsäure und Paracetamol wird verstärkt
(weshalb es auch Mischpräparate zu kaufen gibt)
o Eine Abhängigkeit von Amphetaminen wird durch Koffein verstärkt o Koffein reduziert die beruhigende Wirkung von Antihistaminika und Barbituraten.
Nebenwirkungen: o Verringerung der Geschicklichkeit o Schlafschwierigkeiten o Nervosität o Erregung o Besonders
o Bei starker Überdosierung: Kreislaufkollaps
Bewertung: Substanz mit nachgewiesener kurzfristiger therapeutischer Wirkung. Ein Abhängig- keitsrisiko besteht bei regelmäßigem, auch nur mäßigem Gebrauch! Nebenwirkungs- potential vor allem bei höheren Dosen. Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der kurzfris- tigen (!) Anwendung als Neuroenhancer bei Gesunden Menschen zumeist gut. Lt. Herrn Prof. Josef Pfeilschifter, Dekan des Fachbereichs Medizin der Universität Frankfurt und Leiter des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie des Universi- tätsklinikums Frankfurt existiere kein Neuroenhancer, der eine bessere Wirkung als einige Tassen Kaffee habe.
Geschickt wäre beim Einsatz von Koffein als Neuroenhancer die Strategie, den Koffeinkonsum vor der Prüfungszeit auszusetzten (Achtung: Entzugserscheinungen möglich), damit der Gewöhnungseffekt zurückgeht, um in der Prüfungszeit die volle Wirkung des Koffeins zu nutzen. Den Gewöhnungseffekt durch entsprechend mehr Koffein auszugleichen ist nicht ratsam, da sich dann unangenehme Nebenwirkungen wie Nervosität und Schlafschwierigkeiten mit größerer Wahrscheinlichkeit einstellen.
Ethische Probleme von Neuro-Enhancement
Hier soll in Stichworten diskutiert werden, ob es moralisch gut oder schlecht ist, Neuro-Enhancement anzuwenden, bzw. welche Probleme durch Neuro-Enhance-ment entstehen könnten:
• Neuro-Enhancement könnte zu mehr Wettbewerb und Konkurrenz führen, eine
• Wegen der Kosten für Neuro-Enhancement-Präparate gibt es keine Zugangs-
gerechtigkeit zu Neuro-Enhancement (Krankenkasse zahlt nicht)
• Neuro-Enhancement ist eine Flucht vor der realen Welt
• Neuro-Enhancement führt zu Konformismus
Probleme auf der Individualebene: • Bei Neuro-Enhancement handelt es sich um die „falsche Eingriffsebene“
o Besser z.B. eine psychologische Intervention nutzen (was aber nur bei der
Annahme eines Leib-Seele-Dualismus gilt, der aber nicht aufrecht zu er-halten ist, denn Änderungen von Verhalten und Erleben führen zu Hirnver-änderungen und umgekehrt)
o Trotzdem könnte es sein, dass Neuro-Enhancement nicht so nachhaltig
• Es könnte ein Nutzungsdruck durch eine Ellenbogengesellschaft entstehen
• Neuro-Enhancement könnte zu einem Verlust von Selbstdisziplin,
Durchhaltevermögen und Anstrengungsbereitschaft führen
• Neuro-Enhancement könnte zu einem Authentizitätsverlust führen
Rechtliche Probleme von Neuro-Enhancement
In diesem Abschnitt sollen einige rechtliche Problembereiche des Neuro-Enhance-ments beschrieben werden:
• Wird Neuro-Enhancement durch das Recht auf Heilbehandlung legitimiert?
o nein, weil keine Erkrankung vorhanden ist
• Kann Neuro-Enhancement eingeschränkt werden, weil es sich dabei um den Um-
o Es gibt ein Suchtpotential, z.B. bei Methylphenidat, Benzodiazepinen und
o Unklare Auswirkungen von legalen Medikamenten, da diese nicht ausrei-
• Sollten Neuro-Enhancement-Produkte eine Zulassung als Arzneimittel erhalten?
o Ist bei Enhancement-Produkten nicht möglich, weil keine Krankheit behan-
• Ist die Vergabe von Neuro-Enhancement-Produkten (z.B. durch einen Arzt)
o Bei „ärztlichen Eingriffen“ muss eine Einwilligung des Patienten vorliegen o Zur gültigen Einwilligung muss eine Aufklärung möglich gewesen und
o Wenn es ein Missverhältnis zwischen Risiko und Nutzen gibt, dann hilft
allerdings auch keine Einwilligung des Patienten um den Tatbestand der Körperverletzung abzuwenden
• Was könnte unsere Verfassung zum Thema Neuro-Enhancement beitragen?
o Die Verfassung sieht das Recht auf Freiheitsentfaltung vor o Die Verfassung schützt individuelle Beliebigkeit, nicht Ethik! Der Staat ist
nicht berechtigt, den Einzelnen zur Tugendhaftigkeit anzuhalten!
o Die Verfassung garantiert nicht ein quasi „natürliches“ Menschsein
o Der Schutz des Menschen vor sich selbst als Grund für Beschränkungen
ist grundsätzlich illegitim (z.B.: „Cannabis-Urteil“, das besagt, dass Verfah-ren nach StPO eingestellt werden können, wenn nur geringe Mengen Can-nabis zum Eigengebrauch vorhanden sind; Cannabis darf allerdings nicht im Verkehr sein, um Kinder und Jugendliche zu schützen; bei der Bestra-fung muss die Verhältnismäßigkeit zur Gefährdung aber gewahrt sein → möglich, dass das bei Neuro-Enhancement ähnlich werden könnte)
o Die Suchtgefahr ist kein ausreichender Grund zur Beschränkung, wenn die
Entscheidung zum Konsum autonom getroffen werden kann (wie z.B. bei Alkohol)
o Beschränkungen sind nur zum Schutze der Allgemeinheit oder des Einzel-
Beschränkungen zum Schutz der Jugend möglich (z.B. wie bei Can-
Beschränkungen zum Schutz von strukturell Benachteiligten mög-
lich (z.B. von Arbeitnehmern, wenn die Firma den Einsatz von Neuro-Enhancement verlangt)
Fraglich, ob das auch bei Studierenden gilt, die sich als indirekt
gezwungen sehen könnten, Neuro-Enhancement einzusetzen, wenn alle oder viele Kommilitonen dies einsetzen
• Könnte Neuro-Enhancement wegen der Verursachung erhöhter Gesundheits-
o Ein gesundheitliches Risikoverhalten wird in der Regel durch den Aus-
schluss von Leistungen gesteuert, nicht durch Verbote (aber: Gurtpflicht im Auto!)
• Könnte das Prüfungsrecht den Gebrauch von Neuro-Enhancement einschrän-
o Das Prüfungsrecht greift zunächst nicht, weil es sich auf Verhalten in, nicht
o Es könnte aber dann greifen, wenn in der Prüfung normales, also für die
Person typisches Verhalten von Relevanz ist. Dann dürften nur Substan-zen eingenommen werden, die auch immer und jedem zur Verfügung ste-hen (z.B. Traubenzucker, Kaffee)
• Wie sieht es bei Neuro-Enhancement in der Schule aus?
o Der Jugendschutz rechtfertigt ein Verbot o Darüber hinaus hat Schule die Aufgabe, die Reifung der Persönlichkeit
herbeizuführen (z.B. also auch Abhängigkeitsprävention zu leisten), was ein Verbot ebenfalls rechtfertigen würde
• Könnte das Arzneimittelrecht den Gebrauch von Neuro-Enhancement regeln?
o Keine Zulassung für Neuro-Enhancement möglich, da es sich dabei nicht
o Allerdings gilt das Arzneimittelrecht sehr wohl für die Forschung zum
Neuro-Enhancement → Forschung zu Neuro-Enhancement ist demnach nur als Grundlagenforschung möglich
Bewertung der Wirksamkeit von Neuro-Enhancement insgesamt
Insgesamt scheint es derzeit kaum wirkungsvolle Präparate zu geben, die unsere Leistungsfähigkeit vor allem bei komplexen Aufgaben deutlich steigern. Auch Sub-stanzen, die die Stimmung verbessern sind bei Gesunden kaum wirkungsvoll – eine
Ausnahme sind lediglich illegale Drogen. Diese verursachen aber wiederum deutliche kognitive Einbußen. Ihre Einnahme beinhaltet die Gefahr von Rebound- bzw. Absetzeffekten und es wohnt ihnen eine große Suchtgefahr inne. Insofern handelt es sich bei der Debatte um den Einsatz von (effektivem) Neuro-Enhancement derzeit hauptsächlich um eine „was wäre wenn“-Debatte.
Statt der Einnahme verschiedener Substanzen erscheinen andere Methoden bei der Stärkung der kognitiven Leistungsfähigkeit vielversprechend:
o Sport, besonders Ausdauersport erwies sich in vielen verschiedenen Studien im-
mer wieder als positiv bezüglich kognitiver Leistungsfähigkeit und Konzentra-tionsfähigkeit. Außerdem wirkt er stimmungsstabilisierend.
o Verschiedene Meditationsformen (z.B. Achtsamkeitsübungen) wirken sich eben-
falls positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit und auf die Stimmung aus.
o Die Vermeidung von Schlafmangel ist ebenfalls ein effektives Mittel bezüglich der
Steigerung von kognitiver Leistungsfähigkeit.
o Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang immer wieder darauf hinzuweisen,
dass für den erfolgreichen Abschluss eines Studiums eine Menge an Wissen er-forderlich ist. Ist aber (auch bei enorm viel Wissen) die psychische Befindlichkeit extrem schlecht, wird eine Prüfung oder ein Studium wohl kaum erfolgreich zu Ende zu bringen sein. Dementsprechend sollten beide Faktoren (Wissen und die psychische Befindlichkeit) in einer Balance sein. Die beiden Faktoren sind multi-plikativ verknüpft: wird einer von beiden „0“, so ist auch der Erfolg in der Prüfung gleich „0“!
Schlussbemerkungen
Der Verfasser des Artikels bittet zu entschuldigen, dass nicht ordnungsgemäß zitiert wurde und möchte sich an dieser Stelle für die Informationen bedanken, die er er-halten hat unter anderem:
• aus den Patienteninformationen der Hersteller der entsprechenden Substanzen
• aus verschiedenen Ausgaben von „Bild der Wissenschaft“
• aus dem „Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie“, herausgegeben
• von einem am 29.10.2010 durch den Deutschen Hochschullehrerverband in Bonn
abgehaltenem Symposium mit dem Titel: „Neuro-Enhancement – Doping fürs Gehirn: Prüfungsvorbereitung auf Rezept?“. Vorträge unter anderem von:
o Prof. Klaus Gärditz, Institut für öffentliches Recht der Universität Bonn o Prof. Bettina Schöne-Seiffert, Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der
o Prof. Josef Pfeilschifter, Dekan des Fachbereichs Medizin der Universität
Frankfurt und Leiter des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie des Universitätsklinikums Frankfurt
• aus der HIS-Studie „Formen der Stresskompensation und Leistungssteigerung
bei Studierenden“ von E. Middendorff, J. Poskowsky und W. Isserstedt.
• Nicht zuletzt von einigen Klientinnen und Klienten, die ihm von ihren persönlichen
Erfahrungen mit verschiedenen Substanzen berichteten.
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Poster Session IV Wednesday, June 20 Presenter’s name is in bold and is subject to change. electric field. In particular, cell displacement rate was higher for cells culturedonto hydrogel substrate and myotubes contraction rate increased as a conse- THE ROLE OF EPHB/EPHRIN-B INTERACTIONS IN CELL quence of the frequency increasing. This frequency-dependent response of ATTACHMENT AND