PHARMASKANDAL Gefunden in News-Apps Windows 8 aus Die Zeit-Online vom 17.05.2013 Die Halbwahrheiten über DDR-Menschenversuche
Wie unethisch waren Pharmatests mit Frühchen und Depressiven in der DDR wirklich? Derzeit wird viel darüber gesprochen, manches aber verschwiegen.
Journalisten vollführen eine Gratwanderung. Sie sehen es als ihre Aufgabe, die
Gesellschaft aufzuklären. Doch sie sind auch Menschen, die gerne Geschichten erzählen.
Und welche Geschichte ist spannender, als die über einen Skandal? Die Grenze zwischen
der investigativen Recherche, die Skandale aufdeckt und skandalösem Journalismus ist
unscharf. Die derzeitigen Diskussionen um Arzneimitteltests in der DDR zeugen davon,
wie leicht sie überschritten werden kann.
Es ist ein Skandal, wenn auch nur ein einziger Patient ohne Aufklärung und
Einverständniserklärung in Arzneimitteltests eingebunden wurde, wie es vor einigen
Monaten die MDR-Autoren Stefan Hoge, Carsten Opitz und Hannes Schuler
herausfanden. Wenn Arzneimittelprüfungen in den achtziger Jahren in der DDR nicht aus
medizinischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Interessen durchgeführt wurden. Wenn
nicht der mögliche Nutzen, sondern die pure finanzielle Not Ärzte zu klinischen Studien
All diese Verdachtsmomente sind nicht neu. MDR, Arte, vor allem die Sächsische
Zeitung, aber auch der Tagesspiegel berichten seit mehr als zwei Jahren von Patienten und
Dokumenten aus der DDR, die solche Zustände beschreiben. Top-Thema wurde die
Geschichte jedoch erst, nachdem der Spiegel die, wie die Autoren schreiben,
"Menschenversuche" von Westpharmafirmen aufgriff. Aus einem Wirtschaftsskandal
"Menschenversuch" ist ein Begriff, den der Medizinhistoriker Volker Hess von der Berliner
Charité überhaupt nicht mag. Er suggeriere, dass Patienten nicht von den
Arzneimitteltests profitieren würden, sagt er im Deutschlandfunk. Doch klinische Studien
am Menschen sind – und waren es auch in den achtziger Jahren – ein gesetzlich
vorgeschriebener und international geltender Teil der Medikamentenentwicklung. In drei
Phasen müssen sich zunächst Nebenwirkungen, Wirkungen und schließlich in großen
Patientengruppen der tatsächliche Nutzen einer Arznei zeigen. Das gilt in besonderer
Die im Spiegel aufgedeckten Studien an Säuglingen in der DDR aber gaben dem DDR-
Pharmaskandal eine ganz neue Brisanz. Von Versuchen ist die Rede, die "der
westdeutschen Bevölkerung wohl kaum zu vermitteln gewesen wären": Testete da doch das
Unternehmen Boehringer Mannheim (heute Roche) an "unreifen Frühgeborenen … die als
Dopingmittel missbrauchte Substanz Erythropoetin (Epo)". Babys im Menschenversuch?
Noch dazu an der berühmten Charité? Das wäre nicht zu tolerieren.
Epo kann Frühchen das Leben retten
Doch worum ging es bei den Epo-Studien überhaupt? Das körpereigene Hormon regt das
Knochenmark an, mehr rote Blutkörperchen zu produzieren und in die Adern abzugeben.
Als es dem Pharmahersteller Amgen 1988 gelang, den Botenstoff biotechnisch
herzustellen, galt dies als Sensation. Menschen, die krankheitsbedingt oder durch eine
Chemotherapie an Blutarmut leiden, kann Epo belastende Bluttransfusionen ersparen.
"Und auch so manchem Frühchen", sagt Christoph Bührer, Direktor der Klinik für
Neonatologie an der in Misskredit geratenen Charité in Berlin. Denn Babys, die vor der 32.
Schwangerschaftswoche zur Welt kommen, schaffen es oftmals nicht, ihren Bedarf an
roten Blutkörperchen selbst zu decken. "Sie wachsen drei Mal schneller als reife
Neugeborene. Die Blutbildung kommt der rasanten Körperzunahme nicht nach. Zudem
muss man ihnen aus medizinischen Gründen häufig Blut abnehmen", sagt Bührer. Retten
konnten die Kinder in den achtziger Jahren eben lediglich Bluttransfusionen.
Als Epo nun künstlich hergestellt werden konnte, versuchten Ärzte weltweit in Studien, die
Blutbildung von Frühchen durch das Mittel zu stimulieren. Auch an der Berliner Charité.
"Anders jedoch als im Spiegel dargestellt, wurden nicht 30 sondern vier Frühchen mit Epo
im Rahmen einer übergreifenden klinischen Studie behandelt, an der drei westdeutsche
und eine britische Klinik beteiligt waren", erzählt Rolf Maier, Direktor der Uniklinik für
Kinder- und Jugendmedizin in Marburg und einer der Ärzte, die damals die Studie
leiteten. Die Einverständniserklärung der Eltern sei in jedem einzelnen Fall eingeholt
worden.Die Studie, die zwischen April 1989 und Februar 1990 durchgeführt wurde, liegt
ZEIT ONLINE vor. Sie wurde von den Ethikkommissionen der teilnehmenden westlichen
Länder genehmigt. In der DDR hätten zwar 30 Frühchen in die Studie aufgenommen
werden dürfen. Tatsächlich nahmen aber nur zehn Teil, sechs davon in einer
Kontrollgruppe. Insgesamt wurden 171 Eltern aus Deutschland und Großbritannien um
Zustimmung gebeten. 19 verneinten. Letztlich wurden 93 Frühgeborene in die Studie
eingeschlossen, von denen 43 mit Epo behandelt wurden.
Dieser Arzneimitteltest an Frühchen wurde also nicht geheim in der DDR, sondern
mehrfach abgesegnet in mehreren Ländern durchgeführt. Derzeit ist nicht bekannt, ob es
zusätzliche Untersuchungen mit Epo gab, die die ethischen Kriterien nicht erfüllten.
Getestetes Medikament war längst zugelassen
Im Jahr 1996 wurde schließlich nach weiteren Studien ein Epo-Präparat für Frühchen
zugelassen, "weil es im Durchschnitt den Kindern mindestens eine Bluttransfusion
erspart", sagt der Mediziner Christoph Bührer. Damit gehört Epo zu den wenigen
Medikamenten, die überhaupt für diese Altersklasse zugelassen sind. Bis zu 90 Prozent
aller Mittel, die Ärzte heute auf Intensiv- und Neugeborenenstationen einsetzen, wurden
niemals für die winzigen Patienten entwickelt und geprüft.
ZEIT ONLINE liegt ein Dokument vor, das belegt: Dem Spiegel war bekannt, dass später
dieses Epo-Mittel für Frühchen zugelassen worden ist.
Monatelang haben die Autoren an ihrer Geschichte recherchiert, heißt es im Editorial des
Magazins. Warum reichte die Zeit nicht, einen so hoch emotional besetzten Versuch mit
Ähnlich wie mit der Epo-Studie verhält es sich mit einer anderen geschilderten Studie. Im
Jahr 1988 habe die Firma Hoechst (heute Sanofi) die Arznei Trental in der DDR getestet,
heißt es im Spiegel. Zwei Menschen seien bei dieser Studie ums Leben gekommen.
Eine Anfrage bei Sanofi ergibt ein differenzierteres Bild. Tatsächlich war Trental zu diesem
Zeitpunkt längst als Blutverdünner zugelassen. Nun wollte man das Einsatzgebiet um ein
weiteres Krankheitsbild erweitern: Den Schlaganfall. Doch der Test wurde nicht etwa nur
an zwei Kliniken der DDR durchgeführt, sondern auch an 12 weiteren Kliniken in Italien,
Schweden, Finnland, Belgien, Jugoslawien und Westdeutschland. Werner Hacke, Direktor
der Neurologie an der Uniklinik Heidelberg kann sich noch gut an den Versuch erinnern.
"Die Studie lief in einigen europäischen Zentren", bestätigt er die Angaben von Sanofi.
"Wir standen dem Schlaganfall völlig hilflos gegenüber, da wurden verschiedene Ansätze
Auch Aspirin ist eine Dirty Drug
Insgesamt wurden bei der Studie 178 Menschen behandelt, die kurz zuvor einen
Aderverschluss im Gehirn erlitten hatten. Entweder mit Trental oder mit einem
Scheinmedikament. Weder die Ärzte noch die Patienten wussten, ob sie den Wirkstoff oder
ein Placebo erhielten. Fachleute nennen das eine "Placebo-kontrollierte randomisierte
doppelblinde multizentrische klinische Studie". Sie gilt selbst bei Pharmakritikern wie
Gerd Antes von der Deutschen Cochrane Collaboration als höchster Standard, "um
anzuzeigen, ob überhaupt Wirksamkeit vorliegt" solange keine andere Therapie zur
Verfügung steht. Dies war nicht der Fall.
Von den 178 Studienteilnehmern starben nach Angaben von Sanofi im Verlauf der
Untersuchung 17 Patienten. Zwei davon in zwei Kliniken der DDR. Die anderen verteilten
sich auf die anderen sechs Länder. Noch heute sterben zwischen 20 und 40 Prozent der
Menschen innerhalb des ersten Jahres nach einem Hirninfarkt. "In den achtziger Jahren
lag die Sterblichkeit deutlich höher", sagt der Neurologe Hacke. Die Studie wurde
abgebrochen, weil 12 der verstorbenen Patienten Trental erhalten hatten. Anschließend
wurde nach den möglichen Ursachen gefahndet, wie es üblich sei, sagt eine Sprecherin von
Sanofi. Wenn alle Teilnehmer der Studie regelkonform aufgeklärt wurden, verlief die
Studie keineswegs nach unethischen Kriterien.
Doch was ist mit den Tests an depressiven Patienten von denen im Spiegel-Bericht auch
die Rede ist? Den Erkrankten seien sogenannte Dirty Drugs verabreicht worden, schreiben
die Autoren. Hinter dem Begriff verbirgt sich etwas anderes als man vermuten mag. Es
handelt sich nicht um eine Reihe besonders schmutziger, nebenwirkungsreicher oder
drogenähnlicher Substanzen, die aus dem Verkehr gezogen werden sollten. "Das sind
Mittel deren Wirkungsweise man nicht genau kennt", erklärt Hacke. Damit gehört ein
Großteil aller Krebsmedikamente zu den Dirty Drugs, weil sie den Tumor von
verschiedenen Seiten angreifen. Sie unterscheiden sich so von zielgerichteten Therapien.
Neurologen und Psychiater nennen so Substanzen, die nicht nur eine der vielen
Bindungsstellen im Gehirn angreifen, die das Gefühlsleben, die Motorik oder die Kognition
steuern, sondern übergreifend die Balance der Nervenzellübertragungen beeinflussen.
"Doch inzwischen nutzt man diesen Begriff nicht mehr. Er stiftet Verwirrung. Sonst müsste
man ja auch Aspirin als Dirty Drug bezeichnen", sagt Hacke.
Der Spiegel skandalisiert Untersuchungen, die womöglich wenig Zündstoff bieten. Was
aber mehr verwundert ist, warum die Autoren wirklich brisante Vorkommnisse nicht
weiterverfolgten. So muss sich das Unternehmen Novartis tatsächlich die Frage gefallen
lassen, ob Versuche mit seinem Blutdrucksenker Spirapril gegen ein Scheinmedikament
ethisch vertretbar gewesen sind. Denn den hohen Druck in den Gefäßen kann man
durchaus seit Jahrzehnten gut behandeln. Von Sanofi hingegen erfährt man, dass – anders
als es im Spiegel beschrieben – die Arznei Ramipril der Firma gegen die Standardtherapie
plus einem Scheinmedikament geprüft wurde – unter Einhaltung aller Vorschriften.
Waren die Patienten also wirklich einem "erhöhten Risiko ausgesetzt, einen Schlaganfall
oder Herzinfarkt zu erleiden", wie es den Lesern nahe gelegt wird?
Dass Patienten im Rahmen klinischer Studien sterben, ist – so tragisch das sein mag –
nicht ungewöhnlich. Dass jemand nach einem Herzinfarkt einen plötzlichen Herztod
erleidet, liegt an dem mitunter schwer angegriffenen Herzmuskel. Auch Krebspatienten
sterben an ihren Tumoren, während an ihnen neue Arzneimittel getestet werden. Dies
muss nicht zwangsläufig mit dem Medikament zusammenhängen. Pharmafirmen und Diktaturen
Der Spiegel verunsichert Leser, indem er vermeintlich skandalträchtige
Medikamentenstudien aufreiht. Die Halbwahrheiten wären gar nicht nötig gewesen. Die
Autoren arbeiten die politisch-wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen einer ruinösen
DDR und der westdeutschen Pharmaindustrie wunderbar heraus. Dieser Skandal und die
mögliche Täuschung von Studienteilnehmern sind ungeheuerlich.
"Pharmafirmen müssen sich die Frage gefallen lassen, warum sie sich auf Verhandlungen
mit einem diktatorischen System eingelassen haben, von dem bekannt war, dass es seine
Bevölkerung überwachte und unter Druck setzte", sagt der Medizinhistoriker Volker Hess
von der Charité. Und sie müssen selbst zur Aufklärung beitragen. Die betroffenen Firmen
sind aufgefordert, ihre Archive zu öffnen und offenzulegen, welche Medikamente unter
welchen Umständen getestet wurden. Auch auf die Gefahr, dass Schadensersatzansprüche
an sie gestellt werden. Das sind sie Opfern unrechtmäßig durchgeführter
Eur J Vasc Endovasc Surg xx, 1e7 (xxxx)doi:10.1016/j.ejvs.2006.04.033, available online onChronic Venous Disease Treated by Ultrasound GuidedAim. To report the outcome of a series of patients with chronic venous disease due to incompetence of saphenous trunksmanaged by ultrasound guided foam sclerotherapy (UFS). Patients and methods. A group of 808 patients comprise this series. CEAP clinical
Mayoor’s Report January, 20112 As 2011 ended with fluoride bein ing discontinued in our water, we have jumped into 2012 with much optimism and many new projects on the horizon. January has been an exciting month with th he announcement of some new businesses locating in Lake Cowichan, as well as, the possible sales of others. With the decline of the fore